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P o s i t i o n Die Zukunft der Arbeitsteilung in der EUVon Claus Giering - 15. April 2002 1. Mit der Erklärung von Laeken hat sich die Europäische Union (EU) eine Generalrevision ihrer Zuständigkeiten, Institutionen, Entscheidungsverfahren und Verträge vorgenommen. Die Reform der Kompetenzordnung wird dabei die wohl schwierigste Aufgabe für Konvent und Regierungs-konferenz. Denn wenn die Neuordnung erfolgreich sein will, sollte erstens die Zurechenbarkeit politischer Verantwortung verbessert und zweitens sowohl die Gefahr einer Über-forderung der EU-Handlungskapazitäten als auch die Tendenz einer fortschreitenden Zentralisierung in Brüssel begrenzt werden. Drittens muss die EU die Aufgaben, die ihr übertragen werden, dann auch effizient und demokratisch legitimiert wahrnehmen können. 2. Da sich die bestehende Aufgabenordnung über Jahr-zehnte evolutionär und orientiert am Konsens der Mitglied-staaten entwickelt hat, sollte eine Reform nicht am Prinzip der Einzelermächtigung und damit an einer Debatte über jedes einzelne Politikfeld ansetzen. Vielmehr sollte eine Kategorisierung angestrebt werden, die die generellen Regelungen und Leitlinien der Arbeitsteilung zwischen Mitgliedstaaten und Union einerseits sowie zwischen den Gemeinschaftsorganen andererseits verdeutlicht. 3. Als Ansatzpunkt für eine nachvollziehbare und politisch durchsetzbare Arbeitsteilung bietet sich eine Kategorisierung der Zuständigkeiten an, die die jeweilige Intention und Reichweite europäischer Eingriffsbefugnisse in den Blick nimmt. Formal könnte eine entsprechende Kategorisierung bei Art.3 EG-Vertrag ansetzen. Diese Liste müsste allerdings noch um Politikfelder ergänzt werden, die in anderen Teilen der Verträge geregelt sind. In letzter Konsequenz wäre dazu auch die Trennung zwischen dem Unionsvertrag und den Gemeinschaftsverträgen aufzuheben. Auf dieser Basis lassen sich nahezu alle der heute vor-handenen Entscheidungsbefugnisse entlang ihrer unter-schiedlichen Eingriffsintensität fünf Hauptkategorien zuordnen:
4. Eine systematische Neuordnung der Zuständigkeiten würde bereits zu einem erheblichen Transparenzgewinn führen. Es bleibt jedoch das Problem, dass die einzelnen Politiken auch innerhalb dieser Kategorien bzw. in sich selbst nicht unbedingt vergleichbar sind. Das liegt vor allem daran, dass dort unterschiedliche Akteure nach verschiedenen Verfahren mit wechselnden Instrumenten tätig werden. Eine neue Systematik greift also zu kurz, wenn sie nicht mit einer Klarstellung und Optimierung der Arbeitsteilung und Gewaltenteilung zwischen den Gemeinschaftsorganen verbunden wird. In der Konsequenz einer transparenten Kompetenzsystematik liegt auch eine Vereinfachung und Verbesserung der Entscheidungs-verfahren und Rechtssetzungsinstrumente. Um mehr Transparenz und Effizienz zu erzielen, sollte die Anzahl der Verfahren und Handlungsinstrumente sowie ihrer Varianten weiter eingeschränkt werden. Die vereinfachten Grundverfahren sollten dann jeweils als Standard für einzelne Kategorien innerhalb der zu beschließenden Systematik angewandt werden. 5. Ein verständliches Kompetenzgefüge zählt zu den Merkmalen einer transparenten politischen Ordnung. Es steht jedoch nicht allein, sondern sollte Teil einer im Ganzen lesbaren Verfassung der EU sein. Die Neuordnung der Kompetenzen setzt die Vereinfachung der Verträge im Sinne eines kohärenten, systematisch gegliederten Vertrags-werkes voraus; wie auch umgekehrt die Vereinfachung der Verträge ohne eine Präzisierung der bestehenden Kompetenzordnung kaum denkbar ist. In einem EU-Grundvertrag sollten daher die Ziele, die Grundrechte, die Kompetenzen, die Institutionen sowie die Entscheidungs-prozesse zusammengefasst werden. Ein solcher Grundvertrag erleichtert es den Bürgern Europas, die politische Ordnung der EU zu verstehen und sich mit Europa zu identifizieren. |