P o s i t i o n
Die Beteiligung Jugendlicher an der
Europäischen Politik
Von Stefan
Rappenglück - 13. Februar 2003
Leiter der Forschungsgruppe Jugend und Europa

Kinder mit Europa-Karte.
Foto: Europäische Kommission
Seit knapp einem Jahr wird über die künftige Gestaltung der
größer werdenden Europäischen Union debattiert. Die Erklärung
von Laeken zur Zukunft der EU vom Dezember 2001 hat als wesentliche Reformziele
die weitere Demokratisierung der Union und die Vermittlung des europäischen
Projektes vor allem an die Jugend genannt. Mittlerweile liegen dem Europäischen
Konvent erste Entwürfe für einen Verfassungsvertrag vor.
Das Weißbuch der Europäischen Kommission "Neuer Schwung
für die Jugend Europas?" vom November 2001 beschreibt erstmals
systematisch die Situation und die Erwartungen europäischer Jugendlicher.
Ein Grund für den Anstoß des breit angelegten Konsultationsprozesses
war der Befund, dass in einer erweiterten EU 75 Millionen Jugendliche
im Alter zwischen 15 und 25 Jahren ein Drittel der Wahlbevölkerung
stellen werden, jedoch in den beschlussfassenden Gremien stark unterrepräsentiert
sind. Aus der Analyse wurden mehrere Forderungen an die Jugendpolitik
abgeleitet: Etwa sollen die Belange Jugendlicher in allen Politikbereichen
berücksichtigt, jugendgerechte Informationen über Europa erstellt
und Jugendliche an Entscheidungen beteiligt werden, die sie betreffen.
Als wichtige jugendspezifische Themen werden Partizipation, Freiwilligenarbeit
und Informationen und Wissen über Jugendliche genannt.
Der europäische Jugendministerrat hat in seiner Entschließung
vom Juni 2002 die Diskussionen um das Weißbuch aufgegriffen und
die "Offene Methode der Koordinierung" im Bereich der Jugendarbeit
eingeführt. Diese sieht etwa eine Bestandsaufnahme für die wichtigen
genannten Jugendthemen in den Mitgliedsstaaten vor. Die Kommission wird
einen Bericht erstellen, der bewährte Praktiken und innovative Ansätze
aus den Mitgliedsstaaten darlegt. Auf der Basis dieses Berichts wird die
Kommission dem Jugendministerrat jugendpolitische Ziele und Orientierungen
vorschlagen. Dann sind die Mitgliedsstaaten aufgefordert, die vom Rat
beschlossenen Ziele umzusetzen.
Jugend ernsthaft zu beteiligen erfordert ein neues Bewusstsein der Politik
und einen gewandelten Umgang mit europäischen Themen auf lokaler,
nationaler und europäischer Ebene. Kinder und Jugendliche sollten
als Träger von Rechten und als Experten in eigener Sache dort in
den Gestaltungsprozess einbezogen werden, wo politische Entscheidungen
junge Menschen tangieren und deren Zusammenleben mit Anderen beeinflussen.
Jugendpolitik muss stärker koordiniert werden, da gemeinsame Antworten
und Konzepte gefragt sind, die dem Integrationsprozess der Jugend in den
Lebensraum EU Rechnung tragen. Die jugendpolitische Zusammenarbeit muss
jungen Menschen die Chancen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Wandels zugänglich machen, ihre soziale und politische Teilhabe an
der europäischen Integration sicherstellen und die Rechte von Kindern
und Jugendliche stärken.
Die aktuelle europäische Agenda ermöglicht zwar eine intensive
Diskussion über die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei
der Gestaltung ihrer Zukunft und über ihre konkreten Erwartungen
an die Politik. Allerdings bleibt abzuwarten, wie weit diese Forderungen
in die Praxis umgesetzt werden können. Denn abgesehen von politischen
Vorbehalten erfordern die Vorschläge des Weißbuchs Haushaltsmittel,
über deren Bereitstellung erst noch Einvernehmen erzielt werden muss.
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