![]() |
![]() |
![]() |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
P o s i t i o n Konvent im InternetDer Beitrag des EU-Konvents zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung Von Kathrin Höckel* - 10. Oktober 2002Die mangelnde Beteiligung der Bürger am europäischen Integrationsprozess wird seit langem beklagt. Ein wesentliches Ziel der Arbeit des Konvents zur Zukunft Europas ist daher die Identifikation der Bürger mit dem geplanten Vertragsentwurf, der am Ende der Konventsarbeit im Jahre 2003 dem Rat vorgelegt werden soll. Dazu bedarf es einer breiten öffentlichen Resonanz. Die Tatsache, dass alle Sitzungen des Konvents öffentlich abgehalten werden, war ein Schritt hin zu mehr Transparenz. Das Interesse der Medien an dem Fortgang der Konventsarbeit ist nach anfänglichem Enthusiasmus allerdings schon nach wenigen Wochen stark zurückgegangen. Der Diskurs zur Zukunftsgestaltung der EU findet also kaum mehr in der Öffentlichkeit statt. Welchen Beitrag aber können der Konvent und andere europapolitisch engagierte Institutionen zur Einbindung der Bürger in den Prozess der europäischen Integration leisten? So engagieren sich die Konventsmitglieder in Podiumsdiskussionen, halten Vorträge, geben Interviews und veröffentlichen Beiträge in der Presse. Vor allem aber das Medium Internet wird immer stärker als vermeintlich wirksames Instrument der Massenkommunikation genutzt. Zur Einbindung der Zivilgesellschaft hat der Konvent Informations- und Diskussionsplattformen eingerichtet sowie in einer "Link"-Sammlung die entsprechenden Foren der Mitgliedstaaten zusammengestellt. Jeder Bürger hat also theoretisch die Möglichkeit, sich zu informieren, Fragen zu stellen und Vorschläge in die Diskussion einzubringen. Inwieweit dieses Angebot bisher genutzt worden ist, soll in diesem explorativ angelegten Beitrag untersucht werden. Dazu wird die Intensität der Beteiligung für die europäische Ebene und anhand ausgewählter Foren in Deutschland und Frankreich vom Beginn der Konventsarbeit im Februar 2002 bis zum 1. Juli 2002 ausgewertet. Die Auswertungsparameter sind: der Initiator der Plattform, die Form der angebotenen Informations- und/oder Kommunikationsplattform, die darin behandelten, mehr oder weniger konkret vorgegebenen Themen und ihr Bezug zum Konvent, die Teilnehmer beziehungsweise Zielgruppe sowie schließlich die Anzahl der Beiträge. Europäische UnionAuf europäischer Ebene gibt es drei einschlägige Foren. Zum einen wurde von Seiten des Rates eine Plattform für die freie, individuelle Diskussion eingerichtet. Im Rahmen des Konvents besteht dagegen die Möglichkeit für die organisierte Zivilgesellschaft entweder in freier Form ("Futurum") oder in Form eines Grundsatzpapieres ("Forum") an der Diskussion teilzunehmen. In der ersten Phase der Konventsarbeit von ihrem Beginn im Februar bis zur Sommerpause sind knapp 180 Beiträge beigesteuert worden, wobei sich die Beteiligung in der direkten Vorphase vor der Plenarsitzung zur Zivilgesellschaft (24./25. Juni 2002) gesteigert hat. Inhaltlich ergibt sich aufgrund der Heterogenität der Teilnehmer, welche die unterschiedlichsten Interessen vertreten, ein breites Spektrum an Vorschlägen. Die Hauptforderungen sind eine stärkere Beteiligung der Organisationen in den Bereichen Umwelt, Entwicklung, Kultur ebenso wie des Wirtschafts- und Sozialausschusses an der Beschlussfassung, welche auf einer dem Inhalt angemessenen Ebene geschehen soll (Subsidiarität), die Ausweitungen der Mehrheitsbeschlüsse und schließlich die Aufnahme der Grundrechtecharta in die Verträge. Regionale und kommunale Vertretungen fordern innerhalb einer detaillierten Zuständigkeitsaufteilung zwischen den Ebenen EU, Mitgliedstaten, Region und Kommune eine vertragliche Verankerung ihrer Mitentscheidungsbefugnisse. Seitens der Hochschulen und Think Tanks liegen zahlreiche Reformvorschläge bis hin zu ausgearbeiteten Verfassungsentwürfen vor. Über allem steht der Ruf nach einer klaren Kompetenzaufteilung und deren Festschreibung im Vertrag, damit die Europäer außerhalb der Institutionen der EU an Entscheidungsprozessen teilhaben oder sie doch zumindest nachvollziehen können und nicht der entfernten Bürokratie Brüssels ausgeliefert sind.
FrankreichIn Frankreich besteht eine relativ große Vielfalt an Aktivitäten. Jedes Staatsorgan bietet eine Informationsplattform an, die mehr oder weniger ausführlich, im Falle der Nationalversammlung sehr weitreichend und immer aktuell, die Konventssitzungen begleitet. Bei näherer Betrachtung sind die Möglichkeiten zur aktiven Diskussion jedoch auf zwei von sieben Plattformen beschränkt, wobei sich die "Sources d'Europe" relativ hoher Beteiligung erfreuen. Einschränkend muss hier jedoch darauf hingewiesen werden, dass diese Zahlen nicht nur begleitend zum Konvent, sondern in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr im Zuge der Post-Nizza Debatte zustande gekommen sind. Der Bericht der französischen Konventsmitglieder anlässlich der Plenarsitzung für die Zivilgesellschaft (24./25. Juni 2002) betont zwar die Vielzahl der Aktivitäten, jedoch ist die angeführte Auswertung eines Europafragebogens oder der Bericht der 10-köpfigen Expertengruppe "Groupe débat sur l'avenir de l'Europe" schon im Rahmen der Post-Nizza Debatte durchgeführt worden.
DeutschlandIm Gegensatz zu Frankreich wird in den deutschen Internetangeboten konkreter auf die Arbeit des Konvents Bezug genommen. Die Seite des Auswärtigen Amtes ist gut gegliedert und verbindet Informationen mit der Möglichkeit der Befragung und des Austauschs mit Experten, der durch gezielte Fragen geleitet wird. Das Forum des Europäischen Informationszentrums Niedersachsen, welches als zweites auf der Linksammlung der Konventssite angegeben ist, wird kaum für Diskussionsbeiträge genutzt. Die anderen Foren sind eher als singuläre Chat-Aktionen, denn als länger bestehende Plattformen zu verstehen. Eine Ausnahme bildet beispielsweise die Plattform des Bayern Radio, die ausgewählten Beiträgen zu einer stärkeren Beachtung verhilft.
Fazit: Wenig BreitenwirkungBedenkt man die Zahl der Einwohner Deutschlands und Frankreichs, die theoretisch allesamt mit diesen Projekten angesprochen sind, so ergibt sich eine eher schwache Beteiligung. Eine Auswertung und damit Wirkung der nationalen Beiträge von Einzelpersonen scheint nicht gegeben zu sein. Dagegen werden die Angebote auf europäischer Ebene wesentlich besser angenommen und zwar vor allem über die Einbindung in eine organisierte Struktur. Hier wären durch benutzerfreundlicher gestaltete Internetseiten, die stärkere Lenkung der Diskussion durch gezielte Fragen und die erkennbare Aufnahme der Vorschläge in den Alltag der Konventsarbeit wohl noch Verbesserungen möglich. Die Möglichkeit der Befragung von Experten wird in Anspruch genommen, der Zugang zu denjenigen, die direkt mit der Arbeit an der europäischen Integration beteiligt sind, schafft ein Gefühl von Bürgernähe und Personalität. Die Aufarbeitung hat gezeigt, dass der Konvent durchaus bemüht ist, die Anforderungen der verstärkten Demokratisierung der Europäischen Union ernst zu nehmen. Es wurden verschiedene Foren angeregt bzw. selbst zur Verfügung gestellt. Die Angebote werden jedoch nicht im erhofften Ausmaße genutzt. Das Internet scheint nicht die Breitenwirkung zu erzielen, die ihm allgemein zugesprochen wird. Die Bereitstellung dieser Diskussionsplattformen spricht eher Experten und Interessierte an, die zumeist wohl sowieso schon aktiv im europäischen Diskurs involviert sind. Die ausgewerteten Beiträge sind sicherlich eine Bereicherung der Debatte, aber die Breitenwirkung des Mediums Internet sollte nicht überschätzt werden. Das Internet kann den direkten Dialog zwischen Politik und Bürgern nicht ersetzen. * Der Beitrag ist im Rahmen einer Übung zur deutschen Europapolitik unter Leitung von Dr. Claus Giering am Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft der Ludwig-Maximilian-Universität München im Sommersemester 2002 entstanden. |