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ZDF Online, 10. Juli 2003

Ein bisschen mehr Einfluss

Was sich durch die EU-Verfassung für die Bürger ändert

Von Andreas Rother


So viel vorweg: Viel ändert sich nicht für die Bürger der Europäischen Union. Aber immerhin: Etwas mehr direkten oder indirekten Einfluss auf die EU-Politik verspricht der Verfassungsentwurf doch.

Novum Bürgerbegehren

Per Petition haben EU-Bürger künftig die Möglichkeit, direkt auf die Politik der Europäischen Union Einfluss zu nehmen - wenn sie ausreichend Mitstreiter finden: Dazu heißt es in dem Verfassungsentwurf: Mindestens eine Million Bürger aus einer "erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten" können die EU-Kommission auffordern, bestimmte Gesetzesvorschläge zu machen. Nähere Einzelheiten soll ein EU-Gesetz regeln.

Claus Giering vom Münchner Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) rechnet damit, dass ein solches Bürgerbegehren von einem Viertel bis einem Drittel der Mitgliedstaaten ausgehen muss, um von einer "erheblichen Anzahl" sprechen zu können. Bei voraussichtlich 27 Mitgliedstaaten im Jahr 2007 müsste eine Petition also in sieben bis neun EU-Ländern Unterstützer finden.

Einklagbare Grundrechte

Als "bedeutendsten Erfolg" des Konvents aus Sicht der Bürger bezeichnet der Politikwissenschaftler die Aufnahme der Grundrechte-Charta in den Verfassungsentwurf. Darin werden Prinzipien wie die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Solidarität festgeschrieben. Vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg werden diese Grundrechte für jeden EU-Bürger einklagbar sein.

Indirekt gewinnen die Bürger mehr Einfluss über das EU-Parlament. Die Volksvertretung, die alle fünf Jahre gewählt wird, ist künftig wesentlich an der Verabschiedung von Gesetzen beteiligt, wählt den Kommissionspräsidenten und hat das letzte Wort bei der Verabschiedung des EU-Haushalts. Damit sind die Mitentscheidungsrechte des EU-Parlaments deutlich ausgeweitet worden. "Wenn es einen institutionellen Gewinner des Verfassungskonvents gibt, dann ist es das Parlament", sagt Giering.

Europa bleibt kompliziert

Ob direkt oder indirekt, wer Einfluss auf europäische Politik nehmen will, muss zunächst mal wissen, wie sie funktioniert. Konventspräsident Valéry Giscard d'Estaing hat eine Verfassung versprochen, die zumindest jeder europäische Abiturient verstehen werde. In Teilen ist das gelungen, urteilt Giering. Insgesamt sei der Verfassungsentwurf mit seinen 460 Artikeln aber viel zu unübersichtlich. Und gerade an Stellen, wo es um Details und Verfahrensfragen geht, verfallen die Autoren in den Sprachduktus der EU-Bürokratie. "Wer das verstehen will, muss sich richtig reinknien", so Giering.

Zur Zusammensetzung der Kommission heißt es zum Beispiel: "Die Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der Amtszeiten ihrer Staatsangehörigen im Kollegium vollkommen gleich behandelt; demzufolge kann die Gesamtzahl der Mandate, welche Staatsangehörige zweier beliebiger Mitgliedstaaten innehaben, niemals um mehr als eines voneinander abweichen."

Undurchschaubar demokratisch

Fazit: Wer bisher Schwierigkeiten hatte, die Europäische Union zu verstehen, dem wird die Verfassung kaum weiterhelfen. Europa bleibt kompliziert, auch auf dem Papier. Demokratische Strukturen werden durch die neue EU-Verfassung zwar gestärkt, ob der Bürger dies aber auch durchschaut, bleibt zweifelhaft.


   
           
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Aktualisiert am: 10.07.2003   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang