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Allgemeine Zeitung Mainz, 06. Juli 2002

Sehnsucht nach Führung

Von Karl-Rudolf Korte


Eine Mannschaft braucht einen Kapitän. Die Würde der Kapitänsbinde lebt von der Größe der Hausmacht über die der Kapitän verfügt. Seine Führung drückt sich nicht in Befehlen aus. Er sichert seinen Einfluss durch Leistung und Seilschaften ab.

Führungsanspruch in der Politik zeigt viele Parallelen zum Sport. Selbst wenn der Machterwerb einer Partei zu klaren Mehrheitsverhältnissen führt, ersetzt dies nie die mühsame Tagesarbeit der Machtstabilisierung. Erst durch den Aufbau von persönlichen Netzwerken werden Regierungsarbeit und Machterhalt gesichert. Politische Führung muss immer darauf aus sein, Mehrheiten aus sehr unterschiedlichen Interessengruppen zu schmieden: improvisieren, taktieren, abwägen. Gleichzeitig ist bei jeder politischen Handlung die eigene Wiederwahl zu berücksichtigen. Politische Führung ist deshalb häufig mehr pragmatische Moderation als strikte hierarchische Steuerung.

Doch als Projektionsfläche für alle Wechselwünsche eignen sich solche grauen Vermittler in der Regel nicht. Deshalb steigt in der Politik wie im Sport der Wunsch nach Idolen. Die Deutschen sagen mehrheitlich: "eine starke politische Führung sei nötig". Sie wünschen sich Entscheider-Typen. Machtworte mit dem Charme einer Chefsache sind äußerst populär. So entscheiden Führungsstile zunehmend auch über Sieg und Niederlagen bei Wahlen. In allen sozialen Milieus ist der Bedarf an demokratischer Führung gewachsen. Gerade weil politische Gewissheiten an Prägekraft verlieren und sich die Muster von politischer Gefolgschaft verändern, steigt die Sehnsucht nach politischer Führung. Sie lässt sich telegen personalisieren. Mediencharisma ist hilfreich, aber nicht absolut entscheidend. Die Führungsperson erscheint als Problemlöser, als verläßlicher Lotse im Alltag. Zeitgleich ist sichtbar, dass gerade der Entscheidungsspielraum für einzelne Akteure in einer sehr verflochtenen Gesellschaft zunehmend geringer wird. Doch die Chefsache lebt vom Mythos und vom Heldenmotiv: der Politiker muß zumindest den Eindruck erwecken, dass er allein die Entscheidung durchsetzen könnte. Macher-Image ist die Grundbedingung für Erfolg in der Politik.

Hinter dieser Fassade nehmen die Bürger allerdings sehr verschiedene Persönlichkeiten wahr. Abgestuft werden weitere Eigenschaften durchaus vom Wähler belohnt. So favorisiert der Osten Führung eher väterlich gemildert, aber entscheidungs-, willens- und durchsetzungsstark. Die Ministerpräsidenten Vogel, Stolpe, Biedenkopf entsprechen oder entsprachen vollständig diesem Wunsch. Schröders kraftstrotzendes mitunter fröhliches Rebellentum kommt hingegen ebenso an, wie Stoibers strebsame Prinzipienfestigkeit. Bei all der Vielfalt der Macher-Typen muss eins gewährleistet sein: authentisch zu bleiben. Nur wer unverstellt vor einer inszenierten Medien-Fassade wirkt, punktet als Macher beim Wähler.


   
           
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Aktualisiert am: 05.12.2002   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang