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Allgemeine Zeitung Mainz, 06. Juni 2002

Show und Konflikte bei Parteitagen

Von Karl-Rudolf Korte


Parteitage sind eine Mischung aus Betriebsausflug, Kirchentag und Krönungsmesse. Außer der CSU haben mittlerweile alle Bundestagsparteien ihre Wahlparteitage absolviert. Sie lassen sich von Programm- und Sonderparteitagen abgrenzen. In Bundestagswahljahren kommt den Wahlparteitagen eine besondere Funktion zu. Das Ausmaß an stimulierender Selbsteinredung und Mobilisierung soll dabei möglichst nicht mehr zu überbieten sein. So entstehen Hochfeste mit dem Inszenierungs-charakter eines Schauspiels. Die Mediendemokratie belohnt die Ware Aufmerksamkeit und Geschlossenheit. Die wohlfeine Parteitagsregie soll deshalb Führungskraft und Willensstärke nach außen demonstrieren.

Das kann bei Wahlparteitagen dazu führen, dass nach dem Modell des Leipziger Parteitags der SPD vor vier Jahren die Delegierten ohne Tische zum Akklamationskonvent geladen wurden. Mitschreiben unerwünscht! Doch das Modell machte Schule. Erstmals in der Geschichte der CDU konnten die Delegierten der Union in Frankfurt vor wenigen Tagen nicht einen einzigen Antrag zur Änderung des Wahl-programms stellen. Der Parteitag in Dresden im Jahr zuvor musste hingegen noch 1600 Anträge abarbeiten.

Kann man in Wahljahren so mit dem absolut höchsten Souverän - den gewählten Delegierten - einer Partei umgehen? Wenn keine Anträge mehr gestellt werden können, keine kontroversen Diskussionen stattfinden und Beschlüsse vorher feststehen, kommen Zweifel am Begriff der Parteiendemokratie auf. Warum lässt sich über keinen Aufstand der Delegierten berichten? Wenn in einer Mediendemokratie nur perfekte Inszenierung und Geschlossenheit den Machterhalt garantieren oder den Machterwerb erleichtern, verengt sich die Führungsleistung einer Parteispitze auf das professionelle Arrangement des Events. Unter strategischen Gesichtspunkten haben sich die meisten Delegierten damit abgefunden, weil es ihnen in den Wahlkreisen hilft, auf eine gut vermittelte, harmonische Großveranstaltung zu verweisen. Sie saugen Honig aus den Ritualen der Einheit.

Aber das ist nur die eine Seite der Argumentation. Parteitage, die nicht in Bundestagswahljahre fallen, sind grundsätzlich kontroverser und keineswegs konfliktfrei. Die perfekte Parteitagsregie kann nur greifen, wenn im Vorfeld eine enorme Kraftanstrengung zur innerparteilichen Willensbildung geleistet wurde. Die Parteitage bündeln den Konsens der Argumente, der mühsam im Austausch mit allen Landesverbänden und Parteiorganisationen vorab hergestellt wurde. Das Geben und Nehmen ist allerdings ohne Scheinwerfer zustande gekommen. So entscheidet sich die Resonanz des Parteitags im Wesentlichen durch die Vorbereitung. Die Parteiführung fürchtet nichts mehr als eine unkontrollierte, offen ausgetragene Kontroverse. Insofern haben die Parteitage auch in Wahljahren trotz der Show als Resonanzboden für Stimmungen eine wichtige innerparteiliche Funktion. Doch im Zentrum stehen heute nicht mehr die Delegierten, sondern die Journalisten.

Karl-Rudolf Korte lehrt als Professor für Politikwissenschaft an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg.


   
           
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Aktualisiert am: 05.12.2002   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang