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Allgemeine Zeitung Mainz, 20. April 2002

Sachsen-Anhalt als Trendsetter für den Westen?

Von Karl-Rudolf Korte


Die mediengerechte Inszenierung des morgigen Wahlabends in Sachsen-Anhalt ist längst geprobt. Sieger-Rhetorik und Gewinner-Pose sind für die Kameras eingeübt. Viele Helden wird es wie gewohnt geben, denn jede Partei sucht sich den jeweils günstigsten Maßstab zur Bewertung der Ergebnisse. Rhetorisch dominieren an solchen Wahlabenden bekannte Formulierungen: Dem Dank an die Wähler und die Parteifreunde schließt sich die feste Absicht an, in Ruhe die Wahlergebnisse zu analysieren. Bei dieser inszenierten Darstellungspolitik könnten wir als Zuschauer den Ton im Fernsehen abstellen, ohne Inhalte zu versäumen. Wirklich Neues lässt sich dennoch aufzeigen. Denn die neuen Bundesländer sind in zentralen Aspekten des Wahlverhaltens tonangebend.

Da ist zunächst einmal die abnehmende Wähler-Partei-Bindung. In den neuen Bundesländern konnte es zu keinen gewachsenen Beziehungsmustern kommen. Die Wähler waren im Osten immer wählerischer als im Westen. Ein verlässliches Stammpublikum gehört mittlerweile auch im Westen zur bedrohten Spezies. Die Wähler sind unberechenbar, ungebunden und aus der Sicht der Parteien auch undankbar. Immer mehr wechseln ihre Parteipräferenzen in immer kürzeren Abständen. So könnte auch die SPD morgen erstmals hinter die PDS zurückfallen. Wer füllt das Vakuum, das die 12,5 Prozent DVU-Stimmen hinterlassen? Denn die rechtsextreme DVU tritt nicht an. Wohin tendieren die noch unentschlossenen 20 Prozent der Wähler? Das Spielerische, das Sprunghafte, das Augenblicksorientierte an der Politik, was wir erst seit wenigen Jahren bei Wahlen im Westen zunehmend messen können, charakterisierte schon immer die politischen Orientierungen im sogenannten Osten.

Längst sind die Parteien in den neuen Bundesländern kleine Fragmente. SPD und CDU erreichen vermutlich nur noch knapp 60 Prozent der Wählerstimmen in Sachsen-Anhalt - und nicht 80 Prozent wie beispielsweise noch in Rheinland-Pfalz. Was bei den erst kurz zurückliegenden Wahlen in Hamburg und Berlin mit Aufmerksamkeit registriert wurde, ist in den meisten ostdeutschen Bundesländern schon lange Alltag: die großen Volksparteien sind klein geworden. Fragment-Parteien lassen sich reduzieren auf den Aktionskern der jeweiligen Landtagsfraktion. Für die Wahlen agieren diese Organisationen als Wahlmaschinen. Auch das könnte notgedrungen ein kommendes Modell für den Westen sein.

Der ausgeprägte Wunsch nach politischer Führung gerade in erwartbar schwierigen Zeiten war in den neuen Bundesländern intensiver als im alten Westen. Auch hier hat der Westen mittlerweile gleichgezogen. Handlungsstarke Typen, die Entscheidungswillen dokumentieren, sind im Trend. Gerade weil das Spitzenangebot der Parteien weder mit Höppner (SPD) noch mit Böhmer (CDU) diesen Wunsch ausreichend befriedigt, öffnet sich der Aktionsraum für die PDS immer mehr. So kann für die Wahl- und Parteienforschung Magdeburg durchaus langfristiger Trendsetter sein.

Karl-Rudolf Korte lehrt als Professor für Politikwissenschaft an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg.


   
           
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Aktualisiert am: 05.12.2002   Impressum | Design by [meteme.de]   Seite drucken | Seitenanfang